Jag älsker allsång oder Wer nicht singt, bleibt stumm.

Gerockt, nicht geschüttelt #5: Wo man singt, da lass dich nieder, böse Menschen haben keine Lieder. Hat meine Oma immer gesagt, aber zu ihrer Zeit gab’s ja auch noch keinen GangstaRap. Oder Death Metal. Dass Musik glücklich macht, stimmt allerdings.

(c) Farina Gerhardt

(c) Farina Gerhardt

Wer kann noch alle Strophen von „Der Mond ist aufgegangen“? Oder „Kein schöner Land in dieser Zeit“? Na? Oder wem fallen spontan noch mehr als diese zwei Volkslieder ein, wenn es um traditionelles Liedergut geht? Mir jedenfalls nicht, oder wenn, dann nur unter schweren Mühen. Aber in unseren Breitengraden wird öffentlicher Gesang ja auch nicht gerade häufig praktiziert.

Anders ist es bei den Schweden: Dort gibt es jedes Jahr im Sommer ein volksbewegendes Phänomen namens allsång zu beobachten – frei übersetzt (das Schwedisch der Autorin ist mehr als lausig, Anmerkung d.Red.): alle setzen sich zusammen und singen. Und zwar wirklich alle. Und in aller Öffentlichkeit wie etwa im legendären Stockholmer Freilichtmuseum Skansen oder einfach im dörflichen Freizeitheim.

Zuerst darf ein heimischer Musiker kurz ein Lied aus dem eigenen Repertoire zum Besten geben, aber danach hat er schleunigst ein altes Volkslied aus dem vorher verteilten allsång-Liederbuch vorzutragen. Denn das Highlight ist hier nicht der Star und auch nicht das Zuhören, sondern das Selbersingen. Dank eingeblendetem Untertitel kann sogar zuhause vorm Fernseher kräftig mitgesungen werden.

Und wenn die Promis versuchen, sich allzu breit im Programm zu präsentieren, gibt’s eins auf die Nuss. Sie werden als Vorsänger akzeptiert und bejubelt, aber dann ist auch Schluss mit den Eitelkeiten. Die Schweden jedenfalls brennen für ihren allsång. Da wird vor dem Gelände gecampt, um einen guten Platz zu erwischen, und noch bevor das Programm losgeht, singt man sich ein. Jung und Alt, und mit strahlendem Gesicht.

Vielleicht sollte man das in Deutschland auch mal einführen –DSDS oder X-Faktor sind ja bestenfalls Fast Food für die singende Seele. Aber wenn der Durchschnitts-Deutsche Töne von sich gibt, dann wohl lieber allein unter der Dusche. Oder im stillen Kämmerlein. Oder meinetwegen beim Karaoke. Wenn jemand in der U-Bahn oder auf öffentlichen Plätzen ein Liedchen anstimmt, will er damit entweder seinen Lebensunterhalt verdienen oder hat ein Schräubchen locker. Oder beides.

Was allerdings auch in Deutschland funktionieren könnte, ist Alltanz. Das dachte ich zumindest neulich, als ich an einem warmen Mittwochabend in Clärchens Ballhaus sah und zwei Dutzend Pärchen jeden Alters beim Swingtanzen zuschaute.

Vielleicht ist es die Bewegung, vielleicht die gemeinsame Unternehmung – jeder, der hier ganz im Tanz aufging, hatte ein breites Grinsen im Gesicht. Ob es ein gut aufeinander eingetanztes Paar gehobenen Alters war, ein ungleiches Pärchen, bei dem aufgrund der Körpergröße besser der Mann die Drehungen gemacht hätte, oder die Neulinge, die bei der Gruppenchoreographie noch ein wenig stolperten… Entspannung und Freude standen in jedes Gesicht geschrieben. Tanzen macht offensichtlich glücklich und wenn die Partnerschaften der Anwesenden im Alltag nur halb so gut funktionierten wie ihre Füße beim Boogie-Woogie, dann dürfte mehr Swing die Scheidungsrate deutlich senken.

Ob das für den allsång auch gilt, wäre herauszufinden. Der Strahlefaktor von Gesang und Tanz ist auf jeden Fall derselbe. Und was Eigenes hätten wir dann auch. Sogar ganz ohne Jodel-Diplom.

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