Am Ende willst du doch daran denken, wie oft du gelacht hast
und nicht daran, wie oft du hättest weinen sollen.Knochenkalle
Er ist Sargtischler, Ratgeber und Besserwisser: Der Knochenkalle hat einen weißen Backenbart und klare blaue Augen. An seinen Ohren klingeln silberne Ringe, seine Kleidung ist schwarz und er wohnt hoch oben am Meer. Manchmal begegnen wir uns und dann erzähle ich von ihm.
Wie alles anfing
Mit einer Recherche im Archiv und dann kam nach einer durchquatschten Nacht mit Seebären in einer verrauchten Kneipe plötzlich der Klabauterschmerz.
WIE es Weiterging
Etwas anderes, als es werden sollte: „Wozu?“, lacht Knochenkalle, „wozu, das fragst du einen, der Särge tischlert für die, die auf See bleiben und deren Grab so nass ist wie ihr Friedhof leer?“
Reden ist Silber, Fegen ist Gold: „Am Ende“, sagt Knochenkalle, „willst du doch daran denken, wie oft du gelacht hast und nicht daran, wie oft du hättest weinen sollen. Und bis dahin: kräftig durchfegen, mein Mädchen. Das hilft.“
Post vom Meer: Die Postkarte passt nicht in meinen Briefkasten – genau genommen ist es nicht mal eine Postkarte: Es ist ein Stück helles Birkenholz, so groß wie ein Frühstücksbrett und auf der Vorderseite klebt eine Paketmarke.
Wenn man Gummistiefel anhat: Er hat mich durch Pfützen springen lassen wie ein kleines Kind. Wie ein Kind, das ich lange nicht war, unbeschwert, fröhlich und ohne Angst vor nassen Hosen.
Betonschuhe: „Es gibt eine Regel im Leben“, sagt Knochenkalle und stopft seine Pfeife, „wenn es gut und billig ist, wird es nicht schnell gehen. Wenn es schnell und gut ist, wirst du’s nicht billig kriegen und wenn es billig und schnell ist, kannst du dich drauf verlassen, dass es nicht gut ist.“
Lass die Wut raus: „Lass die Wut raus“, sagt Knochenkalle, „ist nicht gesund, wenn man was aufstaut.“ Verflucht, Kalle strickt seine Lammwollsocken selbst – was weiß er von Wut?!
Ray Charles ist Seelengold: Der Knochenkalle hat wieder Strom in seinem Haus. Und das Erste, was er in Betrieb setzt, ist nicht der Kühlschrank und auch nicht der Boiler. Nein. Das Erste, was Kalle wieder in Betrieb setzt, ist sein Plattenspieler.
Knochenkalles Tand & Teuer: „Wenn man sicher ist, dass einem hier keiner was klaut, kann man ruhig die Tür auflassen“, sagt er und legt die Hand auf sein Herz.
Mach’s Maul auf: Beim Frühstück macht sich Knochenkalle über mich lustig, wenn ich nach Salzfass, Marmeladentopf und Gersterbrot gestikuliere. „Mach’s Maul auf“, sagt er und lacht, weil er weiß, dass ich im Geiste schimpfe wie ein Rohrspatz und Kesselflicker.
Knochenkalle & der Keksfund: In der Speisekammer ist Licht und Knochenkalle rumort. Was er mache? „Schokolade suche ich, verdammt! Oder Kuchen! Irgendwas brauch ich grad… heute ist ein Tag für Zucker“, schimpft Knochenkalle und fährt fort, Laden aufzuziehen, Dosen zu öffnen und Gläser aufzuschrauben.
Das Jahr der Heilung: „2015? Wann soll denn das gewesen sein?“, sagt Knochenkalle, „da war ich nicht da. Nicht anwesend. Und du doch auch nicht, keiner war da.“
Nicht leicht, aber schaffbar: „Knochenkalle“, sage ich, „letzte Nacht hatte ich einen Traum.“ Wir sitzen am Frühstückstisch, ich bin verwirrt, aber nicht mehr schweißgebadet. Er schmiert sein Honigbrötchen und schaut nicht auf. „Erzähl“, sagt er.
Manchmal ist es übrigens auch schön, den Knochenkalle nicht zu treffen und keine unbequemen Wahrheiten von ihm zu hören: Norderney oder 5 Tage Inselpunk.