Das Brautkleid oder Deins-deins-meins!

pablo (3)In einer Woche wird für mein Brautkleid Maß genommen. Ganz feudal und dekadent (oder doch fast). Denn eigentlich waren meine Pläne ganz anders gewesen.

Wenn jemand „Brautkleid“ sagte, habe ich sofort loslamentiert, dass ich diese Verschwendung von Geld für einen einzigen Tag überflüssig finde, jeder solle wie er wolle, aber ich wolle eben anders.

Ich gebe zu, dass ich ein Sahnehäubchen-Baiserkleid mit Frischkäsetopping und Perlenstickerei schon gern mal anhaben würde, aber 1. passt sowas nicht in meinen Kleiderschrank (platztechnisch so wenig wie kontextuell) und 2. nee: Für viel Geld möchte ich bei meiner Hochzeit andere Dinge machen. Essen, zum Beispiel.

Nun ja. Jetzt wird mein Kleid doch geschneidert. Weil es eben doch ein großer Tag für mich ist und ich das würdigen mag.. Aber es wird ohne Baiser und ohne Topping sein. Stattdessen mit… – stopp, wird nicht verraten! Denn der Män liest ja hier mit und nach all dem, was hinter uns liegt, möchte ich für die Zukunft abergläubisch alles vermeiden, was Unglück bringen könnte.

Außerdem wird es definitiv kein Kleid für einen Tag – sondern etwas, das ich noch öfter tragen werde. Damit führe ich die Brautkleidtradition in der Familie genauso fort wie die Kennenlernkultur: Meine Mutter trug ihr Hippieblümchenkleid auch nach dem Standesamt noch oft und gern, und meine Oma… die trug sowieso einen Wanderpokal zur Hochzeit.

Als sie 1947 am Heiligabend meinen Opa heiratete (nicht etwa, weil dessen Bruder „Christkindsche“ genannt wurde, sondern weil ein Großteil der Familie als Musiker in Orchestern spielte und nur am Heiligabend frei hatte), trug sie ein weißes Kleid. Aus einer ehemailigen Spitzengardine und einem aufgeribbelten Strickpullover, und bereits hochzeitsgeprüft. Denn vor meiner Oma hatten es schon die Uschi, die Erika und die Hannah getragen – die frisch heimgekehrten Männer sollten schließlich bleiben.

Nach meiner Oma trugen es noch mindestens drei andere Bräute. Kleider „mit Erfahrung“ waren in der Nachkriegszeit gang und gäbe – und mir gefällt die Idee, dass Aufregung, Glück und Kitsch als gesammelte Erinnerung weitergegeben werden. Wenn es dieses Kleid in irgendeiner Mottenkiste noch gäbe, würde ich es auch mal probieren… auch wenn meine kleine Kugelblitzoma damals ein zierliches Mäuschen war und ich die Nähte definitiv sprengen würde.

Aber als Braut soll man schließlich platzen auch vor Glück.

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20 Gedanken zu “Das Brautkleid oder Deins-deins-meins!

  1. Alice Wunder schreibt:

    Da wünsche ich erst mal alles gute! Heiraten tut nicht weh, verheiratet sein eigentlich auch nicht. Jetzt mein unpassender Komentar: Bei Kleider „mit Erfahrung“ muss ich irgendwie an „Schtonk“ denken, meine Sonntagsmütze…

    • Sabine Wirsching schreibt:

      das wäre es! aber wenn es noch existiert, hat es morsche knochen. und: ich hab mal versucht, eine von omas alten blusen anzuziehen: es sah aus wie gulliver in der besten jacke von lilliputs oberbürgermeister.

  2. kaetheknobloch schreibt:

    Seitdem ich brauttechnisch mitlese, schwirrt ein passender Strauß in meinem Floralartistikgehirn herum, liebe Sabine:

    Eine dunkelrote Hortensie als Basis, in der freche Gräser wippen und sie haltend umgarnen. Auf der ruhen Kamillenblüten in weiß mit blinzelnden Gelbäugchen und duftende Lavendelblütchen. Wenige rotweiße Scheißherzchennelken erkecken sich den Blick in dem insgesamt kugelig gebundenem Strauße. Umschloßen wird der Zauber von sicherwissendem Frauenmantel im zarten Grün mit einem Gelbstich wie der verblichene Schleier alter Gardinen. Okay, den Gelbstich sehe ich erst nach diesem Eintrag von Dir vor mir, aber er ist der Auslöser für die Verwortung des Straußes. Vielleicht passt nun auch etwas Wilde Möhre hinzu, Du Wildmädchenbraut…

    Mensch, jetzt habe ich richtig Lust, den umzusetzen, seufz…
    Lipperländisch entfernte Nahgrüße, Deine Käthe.

    • Sabine Wirsching schreibt:

      wenn ich nicht so weit weg wäre, stünde ich da defintiv bei dir im laden!! außer, dass die hortensie (tatsächlich!) weiß sein sollte.
      wie schön, dass mein kleider text so blumige ideen auslöst!! ❤

  3. 500woerterdiewoche schreibt:

    🙂

    Ich hab auch immer gesagt, dass ich niiiee nie niemals in Weiß heiraten werde. Er kann sich ja so anziehen, dann hätte ich den schwarzen Anzug angezogen, so mein Plan. Meine Schwester hat es dann fast so gemacht: Sie im schwarzen Abendkleid (sah auch phänomenal aus) und er im weißen Frack (seeehr schick). Und ob ich jemals heiraten werde…? Aber ein wiederverwendbares Kleid finde ich super, und Wanderkleider auch. Eines meiner liebsten Gepäckstücke ist der Koffer, mit dem meine Mutter von zu Hause ausgezogen ist – der hat mir auch schon bei zwei Umzügen beigestanden.

    Jedenfalls wünsche ich euch ein ganz wundervolles Fest, und ich bin sicher, dass du in deinem Kleid umwerfend aussehen wirst. Und zu essen gibt es bestimmt auch genug 😉

    P.S. Darf ich eine ganz kleine Bitte anbringen? Würdest du ein Foto von der Hochzeitstorte machen und nach dem Fest (und den Flitterwochen) auf deinem Blog posten?

    • Sabine Wirsching schreibt:

      oh, diese kombination von schwarz und weiß finde ich aber mal gelungen!! kompliment an deine schwester…
      wir werden es mit weiß auch nicht so genau nehmen… tatsächlich fing die outfitüberlegung mit dem wunsch des herrn bräutigams nach neuen (dunkelroten) doc marten’s an.

      die kleine bitte wird dir gern gewährt!! umso lieber weil eine liebste freundin für uns backen wird. allerdings gibt es die torte erst nächstes jahr: dieses jahr wird nur ganz klein „ja“ gesagt und nächstes jahr hauen wir mit torte und allem auf die pauke (yay!). aber dann lesen wir uns hoffentlich immer noch ❤

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