The Beatles – 1.

digipack_cd_dvd(VÖ: 06.11.2015) – Ja, man hat alles schon gehört und fast alles schon gesehen. Aber „1“ enthält nicht nur die 27 Number-0ne-Hits der Liverpooler, sondern auch das passende Filmmaterial. Und das Anschauen macht einfach Spaß. Promo hin oder her, überall ist ein Funke Authentizität spürbar, der nicht nur Beatlemaniacs das Herz erfreuen dürfte.

Ich habe eine Menge Beatlesalben. Zusammengefasst habe ich so ziemlich alles da, was von den Beatles offiziell und halboffiziell erschienen ist. Im Original natürlich. Das unsägliche „1“ aus dem Jahr 2000 war das einzige Album, was ich meiner Sammlung verweigert habe, weil ich eine Zusammenstellung der 27 Number-One-Hits trotz meines durch chronische Beatlemania schwer beinträchtigten Urteilsvermögens und bei aller Liebe dann doch für Geldmacherei hielt. Ob „Love Me Do“ oder „The Long And Winding Road“: Ich weiß, wie der Song klingt, ich hab mindestens eine Aufnahme davon mindestens einmal – wieso soll ich einen Sampler kaufen? 15 Jahre später wird diese Frage durch die um das dazugehörige Videomaterial ergänzte Zusammenstellung beantwortet: Denn auch wenn man alles schon gehört hat – gesehen hat man das eine oder andere oft doch noch nicht.

Bei dem Filmmaterial handelt es sich um einen Mix aus Live-Aufnahmen und Promo-Material. Viele der Live-Aufnahmen kennt man aus der „Anthology“, aber das Material zum (kurisoserweise dort nicht performten) „Eight Days A Week“ macht zum Beispiel noch einmal die Dimensionen des 55.000 Fans fassenden Shea Stadium fühlbar. Alle Details zum genauen Wann & Wo finden sich übrigens in dem so farbenfroh wie liebevoll gestalteten Booklet mit einem Vorwort von Mark Ellen, der einst den einträglichen Posten als PR-Manager der Beatles verweigerte. (Die quietschbunten Zwischentitel auf der DVD sind übrigens mindestens mit genauso viel Liebe zum Detail gestaltet).

Vor allem aber liefert die DVD spannende Einblicke in die damalige Zeit – etwa welche Darstellungen in der Sechzigern als PR-tauglich choreographiert wurden: „I Feel Fine“ etwa wird im leeren Raum gespielt, als Requisiten dienen zwei Hantelstangen, ein Punchingball und ein Trimmdichrad, und bei „Help“ hocken alle vier auf einer wackligen Holzbockkonstruktion und werden am Ende mit künstlichen Schneeflocken bestäubt und die Performance von „Paperback Writer“ findet zwischen Statuen in einem Rosengarten statt. Aber ob hoch zu (bockendem) Ross („Penny Lane“), als Flower-Power-Satellitenbotschaft („All You Need Is Love“) oder als Ausschnitt aus ihren Filmen („Eleanor Rigby“): Diese Art von „Minispielfilm“ nutzte die Band vermehrt, nachdem sie ihre letzte Tour gespielt hatten und nun eine andere Arten der Promotion erfinden mussten – und damit legten sie den Grundstein für die heutige Musikindustrie.

Allerdings waren weder Bühnenbild, noch Regieanweisungen zunächst besonders ausgefeilt – zum Glück vielleicht, denn so schaffen es die Beatles jedes Mal wieder, der sterilen Absurdität mit ihrer typischen Lebendigkeit zu entkommen. Lennon ist in der Regel erst mal gelangweilt (oder fröhlich bekifft), während Starr und Harrison mit Augenzwinkern und provokant asynchronen Lippenbewegungen das Beste aus jeder Situation herausholen. McCartney übt sich in strahlender Professionalität und sobald alle Vier einigermaßen sie selbst sein dürfen – etwa wie bei der großen Lebens-Liebeserklärung von „Something“ – macht all das zusammen damals wie heute ihren Charme in jeder (Promo-)Lebenslage aus.

Erst mit „Lady Madonna“ mit den prismenartigen Aufnahmen und den „echten“ Backstage-Einblicken im Studio machen die Beatles in Sachen „Minifilm“ einen großen Sprung nach vorn – und fokussieren die Darstellungsweise auf Authentizität. Nächster Schritt: Der erste Live-Auftritt nach Ewigkeiten, mit einem krawalligen Auftakt und einem gesitteten „Hey Jude“ bei David Frosts TV-Show „Frost on Sunday“ und die weiteren Live-Aufnahmen mit Dokumentarfilm-Charakter.

Dass „Let It Be“ und „The Long And Winding Road“ die beiden letzten Number-One-Singes waren, darüber haben schon Generationen von Journalisten, Kommentatoren und Beatlesenthusiasten mit einer Träne im Knopfloch philosophiert. Aber ja. So war es. Lang, aber zu kurz. Zu kurz, aber lang genug und vom Föhn bis zum Sturm alles dabei. Schön war’s und die Bilder dazu sind auch absolut empfehlenswert zusammengestellt.

***

Für alle Sammelwütigen: „1“ ist natürlich in diversen Ausführungen erscheinen. Das restaurierte Material erscheint jeweils in 27 Tracks umfassenden CD/DVDs und CD/Blu-rays, dazu kommt die Deluxe-Edition „1+“ mit insgesamt 50 Promo-Filmen und Videos (darunter neben alternativen Versionen auch selten gezeigtes Material) mit insgesamt 200 Minuten Länge. Auch eine Vinylausgabe wird erscheinen.

3 Gedanken zu “The Beatles – 1.

Hinterlasse einen Kommentar