Ein Arbeitstitel, drei Leben & kein Ende in Sicht

Ein Kind,  ein Haus, long time – no write.

Obwohl das so ganz gar nicht stimmt. Schon seit über fünf Jahren kreiselt mir immer wieder ein Romangrundgerüst durch den Kopf, in dem es um einen Zusammenprall verschiedener Beziehungsmodelle geht. Eine vielseitige Hausgemeinschaft hatte ich im Kopf, ein paar Textbrocken hier und da, aber keine Story.

Mit einem kleinen Wirbelwind am Rockzipfel hatte ich dann zwei Jahre lang sowieso keine Zeit mehr zum Denken. Bis ich im Oktober 2019 auf Norderney am Meer stand und dachte: „Milka. Was macht die eigentlich? Wie geht’s ihr wohl nach Till und dem ganzen Wahnsinn?“ Wieder entstanden Textbrocken, sogar ein paar Kapitel, aber da war immer noch keine Story.

Die drei Meerjungfrauen

Bis ich ein Jahr später wieder am Meer stand. Milka war da und wartete auf mich. Und wie wir da so standen, wurde mir klar, dass ich mehr Leben erzählen musste, um eine Story zu formen. Ich wollte mehr Lebensentwürfe zeigen, meine Idee von den Beziehungsmodellen doch noch realisieren. Und aus den Wellen tauchten zwei weitere Gestalten auf.

Ariane – Milkas Freundin, deren Schwangerschaft die Kapitelstruktur von „Drei Worte“ geformt hatte. Und Lynn – Milkas schnellbenannte Reisefreundin, deren sperriger Name mich zwei Tage am Weiterspinnen hinderte. Himmel, was habe ich mir einen abgebrochen, bis ich die arme Lady endlich auf Lena umtaufen und die Geschichte weiterdenken konnte!

Das Konzept

Zuhause am Schreibtisch schrieb ich ziemlich schnell eine Handvoll Lena-Kapitel herunter, bevor ich mich weiter mit der Struktur befassen konnte. Dabei wird genau das vermutlich in jedem Schreibworkshop als Grundlage gelehrt, aber bisher habe ich immer anders gearbeitet.

Beim „Druckstaueffekt“ und auch bei „Drei Worte“ hat mich die Story inklusive Ende förmlich angesprungen; an der Struktur habe ich teilweise erst in der Überarbeitungsphase gebastelt. Figuren konstruieren, Handlung konstruieren – das habe ich nie als Arbeitsschritt gemacht, das war immer „schon da“.

Diesmal ist es anders. Bei „Drei Frauen“, wie ich Roman No. 3 arbeitsbetitelt habe, habe ich Kapitel für Kapitel entworfen, denn ich habe vor, drei Handlungsstränge aus drei verschiedenen Zeitspuren an einem Punkt wieder zu verknüpfen. Die Übersicht, die ich schließlich ausgetüftelt habe, hat aus dieser Absicht einen ganz schön straffen Schreibplan gemacht.

Es sind 27 Kapitel zu schreiben, bevor Ariane, Lena und Milka in Zeit und Raum zusammentreffen. (btw: Wenn ich daran denke, dass jedes dieser Kapitel um die 5.000 Worte haben soll, kriege ich einen hysterischen Anfall.) Danach folgen noch zwei bis fünf Kapitel auf dem Weg zum großen Knall und dann – ja, dann habe ich ich verdammt noch mal immer noch kein Ende!! Hilfe!! Tja, lieber Schreibworkshop, was nu?

Kein Ende in Sicht

Ich tröste mich erst mal damit, dass ich noch etwa 20 Kapitel zu schreiben habe, bevor das Ende naht. Zwanzig verfluchte Kapitel, das macht beim turbulenten Leben mit Kind, Haus, Job und Lockdown wohl so in etwa zwanzig Jahre Schreibzeit (goddamnit!). Bis dahin wird mir hoffentlich was eingefallen sein. Ich halte euch auf dem Laufenden.

 

 

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10 Gedanken zu “Ein Arbeitstitel, drei Leben & kein Ende in Sicht

  1. Sofasophia schreibt:

    Oh, wie spannend das klingt! Ich freue mich schon auf die Updates hier und natürlich aufs fertige Buch. Aber bitte keinen Druck (also, weil die Leser:innen hier gespannt Schlange stehn!).

    Viel Spaß beim Schreiben!

  2. 500woerterdiewoche schreibt:

    Um das Ende kannst du dich immer noch am Ende kümmern 😉 Wenn du einen Anfang hast und ein Weiter, ist schon viel gewonnen. Und meine Erfahrung ist: Je mehr du dich schreibend mit deinen Figuren und ihren Handlungen beschäftigst, desto mehr Story entsteht.

    Und vergiss nicht das Wichtigste: Genieß das Schreiben, hab Spaß! Genieß die Zeit, die du mit deinen Figuren verbringst, den kreativen Prozess. Schreib zuallererst für dich, für deine Freude, für deine Neugier auf das Leben deiner fiktiven Geschöpfe. Wenn dann am Ende ein neues Buch rauskommt: Super! Ich freu mich drauf. Wenn das noch zwanzig Jahre braucht: So what? Dann hast du noch zwanzig Jahre lang eine tolle, bereichernde Beschäftigung. Und wenn’s schneller geht, freut sich deine Leserschaft 😉

    • Sabine Wirsching schreibt:

      Ja, ich denke, so wird es werden… eine Freundin sagte nach einem Sneak Peak auf die vorläufig geplanten Kapitel, dass ich das Ende ja auch einfach vorziehen könnte 😀 Nach dem Motto: Lass es einfach offen.
      Ja, ich mag offene Enden, aber SO offen?! Ich weiß noch nicht. Ich glaube, da müssen noch ein paar Nordseewellen drüberschwappen. Auf die nächsten zwanzig Jahre!!

  3. martinhagemeyer schreibt:

    Ich mag, wie Du über Dein Schreiben schreibst. DRUCKSTAUEFFEKT mochte ich erst recht, DREI WORTE steht (shame on me) noch aus. Erst Inhalte dann Struktur als damaliges Konzept – erinnert mich etwas an eine Bekannte, zwar nicht etwa Schriftstellerin, sondern Promovendin; den Text hat sie jetzt so ziemlich fertig, nur in welche Richtung es gehen soll, weiß sie noch nicht richtig… Bei Dir jedenfalls war’s ja schon erfolgreich:) jetzt also mal anders und für mich von außen auch näher liegend. Gute Ideen und viel Ausdauer weiter!

    • Sabine Wirsching schreibt:

      Hey Martin! Schön, von dir zu lesen! Für mich war der theoretische Aufbau einer Struktur als erstes Schreib-Element immer eher semi-erfolgreich… hätte vielleicht fnktionieren können, aber ich habe es nie geschafft, das Ganze dann mit Leben zu füllen – im Gegensatz zum „einfach Raushauen“, denn da stand die finale Struktur vielleicht noch nicht, aber wo ich hinwollte, das wusste ich sowohl beim „Druckstau“ als auch bei „Drei Worte“ sehr genau. Aber vielleicht fällt es mir diesmal ja auch noch ein!
      PS: Lies mal 😉 Ich bin auf dein Urteil gespannt, denn die beiden Texte unterscheiden sich (für mich) wie Skizze und fertiges Bild.

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