„Knochenkalle“, sage ich, „letzte Nacht hatte ich einen Traum.“ Wir sitzen am Frühstückstisch, ich bin verwirrt, aber nicht mehr schweißgebadet. Der Knochenkalle hat eine Pumpe mit eiskaltem Wasser hinter dem Haus.
Er schmiert sein Honigbrötchen und schaut nicht auf. „Erzähl“, sagt er.
Ich lag im Krankenhaus und hatte ein Baby bekommen. An die Geburt konnte ich mich kaum erinnern, so schnell und schmerzlos war es gegangen, und jetzt lag ein kleines Mädchen neben mir. Sie war ganz klein, fragil und verknüsselt wie frischgeschlüpfte Säuglinge so sind. Aber zwischendurch lachte sie mich an und ich dachte: Gut, ich bin deine Mama. Wird Zeit, dass der Papa auch mal kommt und dich anschaut.
Stattdessen kam ein Freund – groß und so breit und so laut wie ein Bierfass, dass durch steinerne Gänge in den Keller gerollt wird. Die Krankenschwestern beglückwünschten ihn zu seinem Töchterchen, aber er lachte nur und sagte: Ich weiß doch nicht mal ihren Namen!
Da kicherten die Krankenschwestern und ich auch, denn ich dachte: Ich weiß, wie sie heißt, aber sagen kann ich den Namen doch erst, wenn ihr Papa einverstanden ist.
Der Papa kam schließlich und ich stellte fest, dass die Kleine seine Augen hatte. Und seine Nase (ich dachte: oh je, Mäuschen…). Und obwohl keine Zeit vergangen war, sah ich mit Erschrecken, dass das Kind plötzlich schon alle Zähne hatte. Es lachte dreckig und wie bei Rosemary’s Baby wusste ich plötzlich, dass es das Kind des Teufels war. Es wuchs jetzt auch rasend schnell und war bösartig.
Zuerst war ich geschockt. Ratlos, weil aus meiner Minniemaus ein Monster geworden war. Dann dachte ich im Traum tatsächlich an Rosemary und ihren Entschluss, im Kind Satans ihre eigenen Anteile zu fördern. Dass nichts ganz böse sein könnte. Ich entschied, mich um den kleinen Teufel zu kümmern und ihn zu erziehen. Als er einen Blumentopf nach mir warf, verpasste ich ihm eine Ohrfeige. Nicht aus Hass, sondern aus Liebe. Komm wieder zurück!, bedeutete die Ohrfeige.
Das Kind lachte wieder dreckig und seine Zähne blitzten.
Okay, dachte ich, okay. Es will, dass ich brutal werde. Also werde ich so etwas nicht wieder tun. Ich werde andere Wege finden. Es muss andere Wege geben.
Knochenkalle legt mir eine Hälfte vom Honigbrot auf den Teller. „Ein guter Traum“, sagt er. „Nicht wahr?“
Ich glaub, ich kann ihm zustimmen. Aber bei Träumen ist das oft schwierig zu sagen.
vermutlich kann man alles interpretieren und der knochenkalle ist eben ein fröhlicher geselle. für ihn ist der sarg immer halb voll.