Wenn ich jetzt meine Frau umbrächte…

1.

Ich glaube, es war in einem Interview mit dem von mir sehr verehrten Schauspieler Lars Eidinger: Jedenfalls ging es darum, dass Schauspieler strafrechtlich als unzurechnungsfähig gelten, wenn sie zwei Stunden vor oder nach der Vorstellung ihre Frau (oder wahlweise ihren Mann, Kind, Tante, Onkel, einen völlig Fremden) umbringen. Weil es sein könnte, dass der Schauspieler den Mord quasi nur „spielt“ – in Vor- und Nachbereitung seiner Rolle quasi. Zum Warmmachen.

Ich bin mir nicht sicher, ob es dieses Gesetz wirklich gibt (wenn ja, wäre es mal ein guter Stoff für einen Krimi). Aber wenn es diesen Paragraphen wirklich gibt – dann sollte er eigentlich auch für Autoren gelten. Oder?

2.

Es ist ein Experiment, einmal nicht ich selbst zu sein.

Vielleicht ist es nur meine Schreib-Weise, aber irgendein Körnchen autobiografische Wahrheit fand sich bisher in jedem Text. Von den Eskapaden und der Suche im „Druckstaueffekt“ reden wir mal nicht (obwohl hier ja die beliebteste Frage ist, wie viel davon nun wahr sei, und die Antwort stets lautet: Alles. Nicht.).

Einige Testleser der „#DreiWorte“ behaupten sogar, ich hätte meinen beiden Protagonisten so viel von mir mitgegeben – in Form von Musikgeschmack, Musikkritik, Motorradträumerei, Tanzfreude, Haarfarbe, Wohnung… -, dass beide zusammengenommen quasi ICH wären. Es war mir nicht aufgefallen. Aber geändert habe ich es, liebe (hoffentlich) spätere Leser. Trotzdem waren mir die Figuren beim Schreiben ganz nah. Sie hockten mir unter der Haut, im Herzen. Wenn sie litten, litt ich mit. Wenn sie fröhlich waren, lachte ich mit ihnen. Gute Freunde waren sie mir, und gute Feinde. Wenn ich in Tills dunklen Zeiten nicht aus dem Haus konnte, dann hätte mir das StGB auch mildernde Umstände für (Selbst-)Mord zugute halten müssen.

Aber jetzt scheint die Sonne wieder (is‘ ja auch Frühling).

Ich suche in den Hosentaschen nach Glitzer, taste mich in gänzlich fremde Gebiete vor und wage den Versuch, einmal gar nicht ich selbst zu sein.

Werbung

2 Gedanken zu “Wenn ich jetzt meine Frau umbrächte…

  1. Alice Wunder schreibt:

    Auf einen strafrechtlichen Künstlerbonus würde ich mich nicht verlassen. Ungestraft Leute töten darf man in Deutschland nur im Straßenverkehr. Bei vorsätzlichem grobem Fehlverhalten (zu langsam auf der Autobahn) wäre es sogar staatsbürgerliche Pflicht, das Hindernis wegzukicken.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s