Sich selber sieht John Allen ja eher als Pessimisten – aber seine Musik ist voller ansteckender Lebenslust und seine Texte sind vollgepackt mit Humor und Charmanz. Aber halt, ich bin vermutlich vorbelastet, weil mich der Hamburger Singer-Songwriter als Vorband von Frank Turner 2013 vom ersten Ton an gepackt hat. Also einmal ganz von vorn:
Sein zweites Album „Sophomore“ hat John Allen per Crowdfunding finanziert: Insgesamt 189 Supporter machten es möglich, dass schon innerhalb von 1/5 der Fundinglaufzeit knapp 90% und am Ende der Zeit fast das Doppelte des benötigten Betrages zusammenkam.
Mit diesem finanziellen Polster im Rücken ging es dann in die Elevate Studios in der Hansestadt. Als erste Kostprobe erschien nun vor kurzem der Song „New Year’s Eve“ – ein schwungvolles Stück, in dem sich Allen über den Silvesterwahnsinn und die guten Vorsätze seiner Mitmenschen lustig macht. Und auch sich selbst gleich mit durch den Kakao zieht, natürlich.
Mit Ironie hat John Allen es sowieso. Er stapelt lieber tief – etwa, wenn er sich bei „Lessons I Have Learned“ selbst der Jammerei anklagt. Aber genau das macht ihn so sympathisch, denn seine Musik zeugt nicht nur von Talent, sondern lebt vielmehr von seiner kraftvoll-rauen Stimme und seinen schwungvollen Melodien.
Dabei ist dennoch nicht nur alles Heiterkeit: John Allen wäre nicht John Allen, wenn es nicht auch still-nachdenkliche Freundschaftslieder wie „Blood Brothers“ oder das abschiedsschmerzhafte „Famous Last Words“ gäbe. Mein Liebling ist dennoch ein Song mit mehr Tempo: Nämlich das wunderbar leichte „Freedom“, bei dem Allen dem abgedroschenen „freedom is just another word for…“ mit „petrol, steel and chrome“ einen neuen Anstrich verpasst.
Wenn man John Allen zu seinem Erfolg befragt, dann kann er es selber noch nicht fassen. Aus der Warteschlange bei Frank Turner auf die Bühne ins Studio und demnächst sogar eine eigene Vinylscheibe – für den leidenschaftlichen Plattensammler ist das alles wie ein Wunder und die Erfüllung aller Träume. Dazu kann man eigentlich nur zitieren: Erfolg only comes to those who will stand tall.
Und verdient hat er es, das denken nicht nur seine 189 Supporter. Daher hat er anders als bei seiner ersten Scheibe „Sounds Of Soul And Sin“ diesmal sogar illustre Begleitung: Mit im Studio war etwa Rick Seff von Lucero am Akkordeon (zu hören bei dem melancholischen „Night Falls Over Reno“). Seff ist übrigens Allens direkte Conncetion zu Elvis Presley: Ricks Vater Dick (kein Scherz!) war nämlich in den 60ern Tourmanager des Kings gewesen und der kleine Rick hatte ihn öfters mit dem Akkordeon begleitet. John Allen grinst breit, wenn er das erzählt: „Denn das bedeutet, Elvis und ich… so!“ – er hebt die Hand und kreuzt die Finger.
Ebenfalls mit dabei: Frank Turner. Für den Song „Home“ hatte er seine Unterstützung zugesagt, aber der Pessimist in Allen wollte sich lieber nicht zu früh freuen. Trotzdem hat er den Song eingespielt und die Rohfassung samt Lyrics an Turner geschickt. Und als tatsächlich keine 5 Stunden später eine Mail mit der neuen Gesangsspur eintraf, „bin ich so hoch gesprungen, dass ich mir den Kopf an der Studiodecke eingeschlagen habe“, strahlt John Allen. Zu Recht, denn „Home“ gewinnt durch Frank Turners zweite Stimme noch weiter an Qualität.
Aber auch live und solo wie etwa auf der Breminale macht dieses Stück einiges her:
Lange Rede, kurzer Sinn: Dieses Album ist ein Knaller. Es gibt kein Stück, das seinen Platz auf der Tracklist nicht verdient hätte, und „Sophomore“ ist nicht nur durch das erweiterte Spektrum an Instrumenten und Mitspielern eine gelungene Steigerung zu „Sounds Of Soul And Sin“.
Daher bleibt nur eins zu wünschen: Möge dies dein Jahr werden, John Allen, und noch viele weitere (Alben) folgen!
PS: Das Album erscheint am 29.08.2014
Vorbestellen geht natürlich jetzt schon – und zwar als CD und/oder Vinyl (+Download).
Habe ich gestern in München gesehen und fand ihn noch mal deutlich besser als letztes Jahr bei Frank Turner. Man konnte dort auch schon das neue Album kaufen – kann da natürlich nach 1-2 mal hören noch nicht viel sagen – aber die Produktion ist schon mal sehr gut und professionell.
ja, on tour verkauft er es schon – guter hinweis: also alle, hopphopp, hin zum konzert 😉
bin gespannt, was du noch wiederholtem hören sagst!