Post vom Meer.

Die Postkarte passt nicht in meinen Briefkasten – genau genommen ist es nicht mal eine Postkarte: Es ist ein Stück helles Birkenholz, so groß wie ein Frühstücksbrett und auf der Vorderseite klebt eine Paketmarke. Der Postbote hat das Holzstück bis vor meine Wohnungstür gebracht und dort lehnt es, als ich nach Hause komme.

Die Ränder des Holzes sind sorgfältig geglättet, mein Name und meine Adresse sind fein säuberlich hineingefräst – und es ist doch eine Postkarte. Von Knochenkalle.

Auf der Rückseite: Buchstaben. Knochenkalle hat seinen groben Tischlerbleistift mit dem Messer auf eine feine Spitze zurechtgeschnitzt, aber seine Schrift ist groß und eckig als hätte er lange nichts geschrieben außer Zahlen und Maßen. Die Buchstaben überlagern sich, kaum lesbar.

„Sei vorsichtig, wenn du gehst, du könntest einen harten Weg gehen.
Sei vorsichtig, wenn du redest, von all dem Zeug erzählst.“

Ich brauche eine Weile bis ich diesen Text entziffert und ihn Knochenkalles Lieblingsschallplatte zugeordnet habe. Ich gehe ins Wohnzimmer, lasse das Vinyl aus seiner papiernen Hülle auf den Plattenteller gleiten und höre Stimmen davon singen, welche Farbe das Gras hat – und der Himmel.

Ich denke wehmütig an das Meer, das seine Farbe selbst bestimmt, und an Knochenkalle, der weit weg seinen Bleistift anspitzt, um wieder Maß und Zahlen zu notieren.

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15 Gedanken zu “Post vom Meer.

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