#4 Über Stolz & Handwerk.

„For sale: Baby shoes, never worn.“
(Ernest Hemingway)

Mit dieser Kürzestgeschichte hat Hemingway mal eine Wette gewonnen: Bei einem Lunch mit Freunden, hatte er um 10 Dollar gewettet, dass er in der Lage sei, eine ganze Geschichte in nur sechs Worten zu erzählen. So entstand eine der für mich traurigsten Stories überhaupt – und brauchte nicht mehr Platz als sich auf einer Serviette findet. Damit hat Hemingway – der nicht nur Autor, sondern auch Reporter und Kriegsberichtserstatter im Zweiten Weltkrieg war -, den Pott abgeräumt.

Möglicherweise hat sich der alte Mann dafür bei William R. Kanes „Little Shoes, never worn“ (1917) oder bei einer gelesenenVerkaufsanzeige bedient. Aber Fakt ist, dass er mit seinem Six-Word-Flash in kürzester Zeit einen guten Beweis für meine Lieblingstheorie des Schreibens geliefert hat: In der Kürze liegt die Würze.

  1. Raus mit dem überflüssigen Ballast! Und zwar sowohl bei journalistischen und fiktionalen Texten als auch bei allem anderen. Don’t fasel, my friend.
  2. Es zählt nicht, wie viele, sondern welche Worte man wählt.

Es gehört nicht ganz zum Lern-Ansatz dieser Blogreihe, aber auch beim Twitter-Literat Florian Meimberg kann man in der Hinsicht eine Menge lernen. Denn auf seinem Account @tiny_tales ganze Romane in 140 Zeichen zu lesen sind: „Professor Soy nickte zufrieden, als er mit routinierten Stichen die Bauchdecke zunähte. Das Implantat war platziert. Der Zeitzünder aktiv.“ Wenn jedes Wort so knackig sitzt, hat man seinen Job gut gemacht.

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36 Gedanken zu “#4 Über Stolz & Handwerk.

  1. zolaski_lz schreibt:

    Sehr sehr toll. Du gibst mir Grund in das Thema einzutauchen. Ich werde es tun. Da schon Ungeduld vorhanden forme ich den Rest dazu.
    Danke dir

  2. Curima schreibt:

    Das mag ich auch sehr gerne, diese Mini-Geschichten. Irgendwo hatte ich auch mal eine Sammlung von Horror-Geschichten in 2 Sätzen gefunden, die waren auch gut.
    Selber hab ich aber noch nie versucht, sowas zu schreiben.
    Aber der Tipp, alles Überflüssige rauszulassen, ist auf jeden Fall gut und wichtig.

    • rocknroulette schreibt:

      ich hab das mal versucht, mit einer freundin, aber ich find ums verrücktwerden nicht wieder, was wir uns damals ausgedacht hatten… wenn man nicht gleich alles archiviert – gone with the wind.

  3. melcoupar schreibt:

    Ich muss gestehen vom Handwerk des Schreibens verstehe ich nichts, jedoch das, was Du hier sagst ist für mich die die Kunst an sich. Vielen Dank für den Einblick. Lieben Gruss.

  4. westendstorie schreibt:

    Gestern grad beim Zeichnen gelernt, die Hand muss so groß wie das Gesicht sein. Ist mir echt noch nie aufgefallen, nur die Verwunderung war immer da, warum die Hand nicht passt ^^.
    Heut gelernt, mistige Adjektive raus und , kürzen kürzen kürzen. Daaanke ihr Lieben 🙂

  5. kaetheknobloch schreibt:

    Uik… ich nehme dann mal mein Lichtleyn, haben Sie vielleicht Feuer, ich hab’s gerade aus Versehen beim Stoßseufzen ausgepustet, ich Trotteldoofie; ah, dankesehrst und kehre unter meinen Scheffel zurück, bloßguthabeichkeineschreibahnungmurmelnd und sonstmüßtemansichjaschämenfürdenmist. Gekürzte Variante: Uik, fast betroffen, Schwein gehabt, ab!

      • kaetheknobloch schreibt:

        Ein Feuerwerk! Immer her damit, dankefeinst. Ich nenne mein Silbengebastel ja liebevoll Bonfortionösurstgeschwurbelmitschräubchendreherey. Aber bis ich das ausgesprochen habe, ist jeder Lektor schlicht weggenickt. So wird’s also dies‘ Genre nieniemalsnicht geben. Achottche, wie der Lipper so sagt…

      • rocknroulette schreibt:

        nur weil der lektor pennt, heißt es ja nicht, dass es etwas nicht gibt. also! man sieht mich den zeigefinger heben, und zwar energisch.

    • rocknroulette schreibt:

      und auch da kommt es sicher erst recht auf präzisen ausdruck an… guter hinweis: es ist nicht die kürze, die es macht. sondern die präzision, das „passen“. was manchmal mehr braucht, manchmal weniger – aber nie überflüssige.

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