In meiner neukonzipierten Reihe „Berliner (Un)Bekannte“ werden ab sofort nicht nur Musiker, sondern auch andere kreative Hauptstadt-Köpfe vorgestellt! Geplant sind bereits ein Fotograf, eine Maskenbildnerin und ein Cartoon-Zeichner… und heute möchte ich euch einen (Ein-)Blick auf die wunderbare Schneiderin und Designerin Erna Peel gewähren.
Auf das Schneideratelier chéz Erna wurde ich über eine Freundin aufmerksam gemacht. Denn praktisch immer, wenn sie einen besonders gut sitzenden Rock oder ein blumig form(en)schönes Oberteil trug, lautete die Antwort aufs wo-hast-du-das-denn-her: „Och, das hat Erna Peel gemacht!“ Das macht neugierig – und umso mehr habe ich mich über eine Einladung in das Kreuzberger Wohn-Atelier gefreut.
Knarrende Dielenfußböden, alte Doppelfenster und zwei kleine Zimmer mit Küchennische: Hier wohnt und arbeitet Erna Peel. Und hier durfte ich einmal quer durch ihre aktuelle Kollektion kramen und ein paar neugierige Fragen stellen:
Seit wann nähst und entwirfst du schon?
Ich habe mit 12 oder 13 Jahren angefangen, mit der Nähmaschine meiner Mutter rumzuspielen. Richtig mit dem Entwerfen angefangen habe ich 2006, als ich mit einer Geschäftspartnerin zusammen einen Laden eröffnet habe – aber diese Geschichte steht auf einem anderen Blatt.
Kannst du dich noch erinnern, was dein erstes Stück war?
Soweit ich mich erinnern kann, hab ich mit dem angefangen, was man heute „upcycling“ nennt: Auf einmal waren enge Hosen out und weite Hosen in. Man konnte in den Geschäften aber noch keine Schlaghosen kaufen. Also nahm ich meine Jeans, trennte sie an der Seitennaht auf und nähte einen Streifen ein. Das Ganze war damals höchst unprofessionell verarbeitet, aber der Bund ist ja beim tragen unterm Pullover verschwunden. Dann sah es schon relativ cool aus!
Ein anderes Teil war ein Patchworkrock, zusammengeschnippelt aus allen möglichen Stoffresten meiner Mutter, über den ich einen alten Frack trug – den hatte ich bei meiner Oma auf dem Dachboden ausgegraben. Dazu schwarze Strumpfhosen und Schnürstiefeletten. Fürs damalige Modeverständnis also sowas wie ein abgewandelter Grufti-Style und an meiner Schule war ich damit der absolute Paradiesvogel!
Was zeichnet die von dir entworfene Kleidung aus?
Meine Kleidung soll alltagstauglich sein, dabei aber auch elegant und sexy bleiben. Das alte Konzept, „dieses Kleid fürs Büro und das für die Freizeit“ ist doch lange überholt: Ein Teil muss für Arbeit, Party UND den Nachmittags-Spaziergang passen. Auch Weiblichkeit ist mir wichtig, aber sie darf trotzdem sportlich und bequem sein.
Was macht dich am Mode-machen glücklich?
Viele Modedesigner arbeiten auf den Punkt hin, wo sie nur noch entwerfen können, und die Näharbeit von anderen machen lassen. Aber ich nähe gerne! An der Nähmaschine tauche ich manchmal völlig ab. Das bedeutet und bedingt natürlich, dass meine Produktion klein bleibt. Aber auch das finde ich total okay. Und wenn ein Entwurf dann genauso funktioniert, wie ich ihn mir vorgestellt hatte, und dann auch noch der richtige Stoff greifbar ist, das macht mich glücklich.
Wo kann man deine Sachen kaufen?
Zurzeit – aus oben erwähnten Gründen – nur direkt bei mir selbst, in meinem Atelier, wo ich auch meine Nähkurse gebe. Außerdem arbeite ich an einem neuen Vertriebskonzept. Wer neugierig ist, findet mehr Infos auf meiner Webseite www.ernapeel.de
Ich musste übrigens nicht lange suchen, um bei Erna auch mein persönliches Casual-Traumkleid zu finden: gestreift natürlich, oben herum locker und am Po recht knackig. Außerdem kann man es wahlweise mit tiefem Rücken- oder Dekoletté-Ausschnitt tragen – was oben genannter Freundin zu verdanken ist, die bei der Modellanprobe die Vielseitigkeit dieses Stücks entdeckte. Und ich kann es kaum abwarten, dass die Tage dafür warm genug werden. Sewing the seams with love ist Ernas Motto, zurecht, denn ich werde es mit ebenso viel Liebe tragen.
Eine richtig tolle Idee und eine feine Konzeption dieser Reihe. Finde ich sehr individuell und inforeich die Vorstellung Kreativer Macherinnen und Macher. Gutes gelingen und arbeiten. lz
danke sehr, ich freu mich auch schon drauf, hier & da ein bisschen tiefer zu graben!
Tolltolltoll. Und leider so ziemlich der einzige Wermuthstropfen in freigewählter Provinzidylle: der Mangel an geballter Kreativität. Hoch lebe das Netz, das weltenweite! Danke für’s teilen, liebe Frau Rocknroulette.
immer wieder gern!! und wer weiß… vielleicht gibt’s in der provinzwüste ja hier und da doch juwele? dich gibt’s schließlich auch:)
Feinverstecktbonfortionöskomplimente fetzen! Ich freue mich murmeligkringelig und erröte angemessen.