Landpartie oder Beverly Hills 12351.

Ich wohne seit mittlerweile drei Wochen im Beverly Hills von Neukölln – besser bekannt als Drei-Kiez-Eck zwischen Britz, Buckow und Gropuis-Mondstadt.

Hier wohne ich. Eigentlich.

Hier wohne ich. Eigentlich.

Hier befindet sich der Speckgürtel eines ansonsten recht bunt durchgemischten Bezirks und hier steht unser Apfelsinenkistchen von Haus (klein, flach und gelb) inmitten einer Ein- bis Drei-Familienhaus-Siedlung.

Wir haben einen kleinen Garten mit Meerschwein, rosa Bauernorchideen und frischgepflanztem Rhabarber. Sonntags frühstücken wir im Sonnenschein auf der Terasse und abends grillen wir. Natürlich nicht mit so’m popeligen Elektrodings, sondern mit einem Grillkamin. Beschaulichkeit pur: Vögeltirili, Eichhörnchen und wöchentlichem Rasenmähen.

Aaaaaaaaaaaaaaaah! So viel Idylle hält ja kein (Wahl-)Berliner aus. Zum Glück arbeite ich direkt in Mitte, wo ich mir meine tägliche Dröhnung Touristen, Penner und Wahnsinn abholen kann.

Aber da muss man erst mal hinkommen.

Seitdem die wunderbare BVG (… wir können alles – außer S-Bahn.) die Verbindung zwischen Hermannstraße und Britz-Süd gekappt hat, fahre ich jeden Tag sechs Kilometer mit dem Rad nach Alt-Mariendorf. Und wenn ich vor den Toren Rudows nicht schon längst vergessen hätte, dass ich hier draußen (gerade noch) in Berlin wohne, dann würde ich das jetzt tun, bei meiner täglichen Landpartie. Hier geht das Leben noch einen so gemächlichen Gang, wie ich ihn sonst nur von Hannover-Dorf kenne.

Der Ort des Schlechten.

Der Ort des Schlechten.

Ich starte an der Johannisthaler Chaussee und arbeite mich über die Fritz-Erler-Allee vor. Pünktlich um 8.04 Uhr begegne ich unter der rosa Kastanie an der Gutschmidtstraße Herrn Topfschnitt mit stets akkurat gelegtem Betonpony. Auf der anderen Seite nicken mir zur Spätschicht die Hundemänner mit ihren Bobtails zu und zur Frühschicht fauchen mich ein paar BSAGler mit ihrer Kehrmaschine an.

Ich flitze über den Buckower Damm – bin ich zu spät oder ist der Bus etwa zu früh? – und fädele mich in die Mohriner Allee ein. Nach dem stillgelegten Bahngleis fange ich mit dem Gärtenereienzählen an, dann vergehen die Kilometer schneller. Vier sind es insgesamt – am liebsten habe ich die mit den grotesk wuchtigen Pappmascheerosen am Tor. Die hat so ein bisschen was von „Der kleine Horrorladen“.

Dagegen ist der Britzer Garten erholsam idyllisch. Besonders morgens um viertel nach 8, wenn der Parkplatz noch gähnend leer ist. Wenn ich abends zurückfahre und der Abend warm ist, muss ich aufpassen, dass ich nicht unter die Räder der amüsiersüchtigen Rentermeute gerate.

Aber morgens… ein Träumchen! Penibel gepflegte Tulpenbeete auf der einen und eine Schrebergartensiedlung auf der anderen Seite. Mindestens genauso manikürt und gebotoxt. Danach folgt ein halbes Kilometer wilde Wiese, bei der einem schon mal ein Eichhörnchen nachjagt. Roehepfuhl, Rothepfuhl, Türkenpfuhl, Karpfenpfuhl (klein und normal), Gänsepfuhl, Eckernpfuhl.

Was so idyllisch klingt (und aussieht), ist etymologisch betrachtet gar nicht mal so nett. Denn Pfuhl bedeutet:

  1. kleiner Teich, Ansammlung von schmutzigem, fauligem Wasser
  2. (landschaftlich) Jauche
  3. Herd, Ort des Schlechten, Bösen

Heidewitzka! Lieber schnell weiter. Frisch durchgeschwitzt geht es vorbei am Volkspark Mariendorf und ich setze zum Endspurt auf den U-Bahnhof an.

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