Clutch – Earth Rocker.

(VÖ 15.03.2013) Fett verzerrte Gitarren, wuchtige Drums, Breitwandklang. Stoner Rock meets Post-Hardcore meets  Grunge meets Bluesexperiment. Die Clutch-Webseite erreicht man unter pro-rock.com, damit dürfte es klar sein: Hier gibt es richtig was auf die Ohren, soviel die Boxen hergeben. Buaaaaah!!

Clutch - Earth Rocker

Clutch – Earth Rocker

Auf ihrer Facebook-Seite haben Clutch mit ihren umfangreichen Statements ein regelrechtes Begleitwort zu ihrem 10. Studioalbum verfasst. Allerdings  taugen auch die Lyrics von Opener und Titelsong „Earth Rocker“ bestens als Leitfaden: Nach einem diabolischen Lacher startet nämlich nicht nur ein fetter Song, sondern es wird auch gleich die Frage nach den lästigen Genre-Grenzen beantwortet. „What’s this about limits?/ Sorry, I don’t know none.” Denn Clutch hat man schon in viele Schubladen zu zwängen versucht. Aber weder Stoner Rock, noch Post-Hardcore oder Grunge plus Prog-Rock sind den vier Amerikanern groß genug.

„Earth Rocker“ läutet das Album mit flirrenden Gitarrenklängen und zitternden Becken bedächtig und vielversprechend ein, bevor die Band mit voller Kraft loslegt. Spätestens im Refrain legt Neil Fallon als Frontman und gewitzter Songwriter auch textmäßig die Karten auf den Tisch: „I’m an earth rocker!/ Everybody get the message?” Buaaaah!!

Wer so brüllt, übt sich auch sonst nicht in Bescheidenheit – Gitarrist Tim Sult bezeichnet es sogar als das möglicherweise beste Clutch-Album überhaupt. Und nach dem genüsslichen Konsum des ersten Titelsongs  – in voller Lautstärke – bin ich geneigt, ihm zuzustimmen.

Bassmann Maines kommentiert: „Es gibt auf der Scheibe kein B-Seiten-Material. Es ist ein A-Seiten-Album. Das klingt vielleicht gewagt und selbstverliebt, aber so fühlt sich ‚Earth Rocker‘ für uns an.” Dazu komme, dass sich in den Aufnahmen eine gebündelte Energie wiederspiegelt, wie man sie sonst nur von Clutch live auf der Bühne kennt.

Für den Titelsong gilt das definitiv und auch das nachfolgende „Crucial Velocity“ kann das Niveau halten. Gitarren und Breaks sind zwar eher unspektakulär eingesetzt, aber das macht „Mr. Freedom“ mit bewusst monotoner Begleitung und streckenweise an Sprechgesang erinnernden Vocals wieder wett. Bei jedem Song bleiben Clutch dabei  einem Grundsatz treu: „If you’re gonna do it/ Do it live on stage, or don’t do it at all.” Was hier aus meinen Boxen schallt, ist handfester, handgemachter Rock. Fett, breit und zum Bis-zum-Anschlag-Aufdrehen gut.

Möglicherweise wurde  „Earth Rocker” von vielen als akustiklastig oder eher bluesverhaftet erwartet. Nein. Dieses Album ist purer Rock – auch wenn Clutch beim vierten Track sich zunächst auf bekanntes Gelände begeben. Kurz gesagt: „You can take a little cruise down the river of booze / Act all poor and defeated.” Dementsprechend startet „D.C. Sound Attack!“ per Mundharmonika und auch „Gone Cold“ neigt etwas zur Schwermut. Dennoch bleibt es bei diesem kurzen Ausflug Richtung Boo-hoo, bevor „Face“ wieder die Boxen vibrieren lässt: „I will suffer no evil./ My guitar will guide me through.”

Drummer Jean-Paul Gaster kommentiert: „Wir haben versucht, die Jam-Leidenschaft der Band unter Kontrolle zu bekommen. Wir lieben es, viel zu improvisieren, aber auf diesem Album wollten wir alles ausgearbeitet haben. Wir wollten vollständig gerüstet ins Studio und eine kraftstrotzende Platte aufnehmen.” Das ist ihnen gelungen. Und es überrascht nicht, dass die Planung des Albums ausgerechnet auf den gemeinsamen Tourneen  mit ihren beiden Lieblingsbands Motörhead und Thin Lizzy begannen.

Ein rockiges Highlight ist auch das beatlastige “Book Saddle And Go” mit seinem Wechselspiel zwischen Drums und Gitarre. Allerdings erwischt man die Earth-Rocker-Lyrics hier bei einer fetten Lüge: „Break it down/ To just the facts“? Nein. Der Clutch-Rock ist bodenständig, solide von Hand gemacht und nicht mit Zierrat überfrachtet. Gitarrist Sult konzentriert sich auch lieber auf fabelhafte Riffs, denn auf Selbstdarsteller-Soli.

Auf nackte Fakten reduziert würde ich es allerdings nicht bezeichnen wollen. Dafür ist „Earth Rocker“ zu farbenprächtig, zu schillernd und einfach zu großartig geraten.  Apropos groß: Ab dem vorletzten Song „Oh, Isabella“ werden Clutch psych-rockiger und damit schleicht sich unaufhaltsam ein Monster-Magnet-Vergleich an, der bis zum Abschluss von „The Wolf Man Kindly Requests…“ bestehen bleibt. Clutch erfinden das Rad also an dieser Stelle nicht neu, haben aber vorher gezeigt, dass sie genug eigene Power drauf haben und mit Monster Magnet verglichen zu werden ist nun wahrlich nicht das Schlimmste.

Und was auch immer ihr Genre sein mag – Clutch sind einfach eine verdammt coole Rockerbande und ihr neues Album für mich ein Knaller. “I just came to have a good time/ And I’m gonna have one.”  Uh, yess.

Bewertung: 4.5
Highlights: Earth Rocker, Rocket 88, Gone Cold, The Face, Book Saddle And Go

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