Letztes Jahr sind mir Stars of the Silverscreen als Vorband der schwedischen Punk’n’Roller von The Bones begegnet. Jetzt, mitten im düsteren Winter Skandinaviens, freut sich Frontman KJ Starr auf das zweite Studioalbum, auf Berlin und über eine Gelegenheit zum Plaudern.
Wir haben heute den ersten Tag mit Sonnenschein in Berlin, wie sieht es bei dir in Schweden aus?
KJ: Hier tobt der Snowblizzard und die Temperaturen sind von 8 Grad auf -12 gesunken. Ich glaube, du hast es besser in Berlin…. Bessere Clubs und auch noch besseres Wetter!
Scheint so. Wo wohnt ihr nochmal genau?
KJ: Die Band lebt in Stockholm, ich wohn in Umeå, das ist eine Stadt weiter im Norden.
Also bist du nicht der Großstadt-Typ?
KJ: Ich liebe es, in Stockholm zu sein, ich kenne die Stadt in- und auswendig. Aber ich würde da nicht wohnen wollen. Vor ein paar Jahren habe ich es mal probiert, aber lieber bleibe ich in meiner Heimatstadt. Wir haben so ein Hassliebe-Verhältnis. (lacht)
Dann sind wir ja schon mittendrin in deiner persönlichen Lebensgeschichte! Stars of the Silverscreen sind ja dein aktuelles Bandprojekt. Wie ist denn dein musikalischer Werdegang bisher so verlaufen?
KJ: Ich habe schon früh rausgefunden, was ich wollte… Als ich 9 Jahre alt war, habe ich im Fernsehen „Ebba The Movie“ gesehen, einen Film über eine der größten schwedischen Punkbands. Ich erinnere mich noch gut an das Gefühl, das mich dabei überkommen hat, und an den Wunsch, genau das auch tun zu wollen! Vielleicht hat es sogar noch früher angefangen… ich habe nämlich schon mit 4 Jahren auf den alten Hutschachteln meiner Oma getrommelt. Auf jeden Fall spiele ich schon ewig in Bands.
Wenn du auf Kisten getrommelt hast, warum bist du dann Gitarrist geworden und kein Drummer?
KJ: Ich habe mit 6 Jahren angefangen, Schlagzeug zu spielen – und aufgehört als ich 12 war. Wir mussten dann nämlich anfangen, Musik zu „lesen“ und das war mir zu langweilig. Ich wollte einfach nur spielen und rocken! Also habe ich in irgendwelchen kurzlebigen Bandprojekten den Drummer gespielt, bis ich 15 war.
Dann habe ich festgestellt, dass man dem Publikum viel näher ist, wenn man Gitarre spielt und singt. Ich habe mir also eine Gitarre besorgt. Unterricht wollte ich nie wieder nehmen, das wusste ich nach den Schlagzeugstunden, also habe ich mich in meinem Zimmer eingeschlossen und nach Wochen grauenhaften Geschrammels habe ich irgendwie ein paar Akkorde rausgekriegt. Und die Drei benutze ich bis heute. (lacht) Spaß beiseite: Ich weiß, was ich will, und ich bin gut in dem, was ich tue – auf meine Weise.
Wie lange gibt es Stars of the Silverscreen jetzt schon? Und wer hat sich diesen sperrigen Namen ausgedacht?
KJ: Wir haben 2006 mit einem anderen Line-up angefangen. 2007 waren wir das erste Mal mit The Bones auf Tour und haben danach das erste Album sogar mit Boner [Sänger von The Bones, Anm.d.Red.] als Produzent aufgenommen. Bis 2010 haben wir dann weiter zusammengespielt, bis unser Leadgitarrist Peter nach einer kurzen Tour mit US Bombs seine Bombe platzen ließ: Er wolle lieber Metal machen, sagte er. Fret kam also weg vom Schlagzeug und fing an, Gitarre zu spielen. Wir haben Jinx mit in die Band genommen und er ist ein genialer Drummer.
Der Name? Ach so, der Name… ich hatte Bierdeckel mit Motiven von Hollywood-Stars aus den 40er Jahren gesehen. Silverscreen Stars – ich fand das cool und es passt auch zu uns. Wir sind Punkrocker mit Stil. (lacht)
Ihr habt gerade euer zweites Album aufgenommen. Wie heißt es und wann kann man es endlich kaufen?
KJ: Ja, wir sind ganz stolz. Es klingt super – so super, wie vier Affen an Instrumenten eben klingen können. (lacht) Der Name ist allerdings noch geheim. Unser letztes Label ist pleite gegangen, wir verhandeln gerade mit mehreren anderen, die Interesse bekundet haben. Ich hoffe, dass wir alles bald geklärt haben und die Platte herausbringen können. Wir wollen einfach nur noch raus und spielen! Schon auf der letzten Tour war die Setlist voll mit neuen Songs und die Reaktionen waren überwältigend – obwohl niemand die Lieder kannte.
Wir drücken die Daumen! Wie sind die Aufnahmen denn gelaufen?
KJ: Die Zeit im Studio hat Spaß gemacht. Wir haben das Pama Studio 3 gemietet, um Gitarre und Drums aufzunehmen, und die Schwingungen da drin sind sowas von positiv. Wir haben tagsüber aufgenommen und abends zusammen rumgehangen. Es war wirklich cool. Wir hatten nicht einmal Handynetz und so konnten wir uns voll und ganz auf die Musik konzentrieren. Wir waren mitten im Nirgendwo, haben nur gespielt, geschlafen, wieder gespielt… keine Bars, wo man abends hingehen könnte oder irgendwas. Wir haben uns richtig konzentrieren können.
Frets Gitarrenspuren, Freddys Basslines und meine Vocals haben wir dann in Boners Studio in Karlskrona aufgenommen.
Gab es jemanden unter euch, der alles ein bisschen unter Kontrolle hatte und besonders versucht hat, die Aufnahmen voranzubringen?
KJ: Ich glaube, das bin ich. (lacht) Das ist mein Leben, die Band ist mein Baby, und ich gebe keine Ruhe, bis ich alles im Kasten habe.
Also habt ihr nicht nur gemeinsam mit The Bones getourt, sondern ihr arbeitet auch öfter zusammen. Würdest du sie als Freunde bezeichnen?
KJ: Sie sind einfach die Besten! Ich kenne Beef [Frontman von The Bones; Anm.d.Red.] schon lange und er hat uns schon oft geholfen. Wir haben uns oft über eine gemeinsame Tour unterhalten, weil wir beide wussten, dass es prima laufen würde. Und so war es auch! The Bones sind wirklich großartig und ich bin stolz darauf, sie als meine Freunde bezeichnen zu können, und ich freue mich über jeden ihrer Erfolge.
Würdest du sagen, dass ihr euch gegenseitig musikalisch beeinflusst?
KJ: Ich glaube nicht, dass wir uns direkt beeinflussen. Beef und ich haben den gleichen Musikgeschmack, vielleicht in dieser Hinsicht? Da musst du wohl The Bones fragen. (lacht)
Bist du denn auch ein Elvis-Fan oder welche Art von Musik hört ihr beide gern?
KJ: Ja, Elvis natürlich, aber vor allem alte Punkbands oder Powerpop von den Barracudas, Paul Collins… und nicht zu vergessen Stiv Bators! Außerdem Thin Lizzy und diese ganzen Rockbands aus den 70ern.
Boner hat bei eurem Konzert in Berlin gemeinsam mit dir euren neuen Song „You Keep Me Waiting“ gesungen.
KJ: Ich hatte diesen Song geschrieben und dachte, dass er großartig für zwei Sänger wäre. Ich habe Boner gefragt, und er sagte, es sei ihm eine Ehre, die Shouts für uns zu machen… na ja, in Wahrheit waren wir es, die geschmeichelt waren. (lacht)
Schreibst du die meisten Songs für deine Band?
KJ: Das kann man so sagen. Ich schreibe eigentlich immer, da ist immer ein neuer Song oder ein Riff in meinem Kopf. Für das neue Album hat auch Fret einen Song geschrieben – er hat mir seine Ideen für die Riffs gezeigt und ich habe dann den Text und die Gesangsmelodien beigesteuert. Es hat Spaß gemacht, auch mal Text und Melodie für einen sozusagen fremden Song zu erarbeiten.
Worüber schreibst du denn normalerweise so?
KJ: Ich glaube, am meisten schreibe ich über verlorene Träume. Missverstandene Seelen und so, dieses ganze Zeug, was uns jeden Tag begegnet.
Aber deinen eigenen Traum hast du dir mit deiner Band doch erfüllt.
KJ: (lacht) Es dreht sich ja auch nicht immer alles um mich, auch wenn ich ein Riesenego habe. Es gibt eine Menge Dreck in der Welt und heute hat keiner mehr Zeit für irgendjemanden oder irgendwas, wenn es sich nicht um ihn selbst dreht. Keiner kümmert sich um die Trümmer im Leben eines anderen, man geht einfach vorbei und tut so, als hätte man nichts gesehen.
Wo wir gerade beim Ego sind – um was dreht sich dein Leben noch, wenn du nicht gerade Musik machst?
KJ: Meine Lieblingsbeschäftigung ist, so wenig wie möglich zu tun, glaube ich. Ich bin gern mit meinen Hunden zusammen, schreibe Lyrics und relaxe einfach. Ich bin bloß ein einfacher Punkrocker.
Ich wusste, du würdest die Hunde erwähnen! Dein ganzes Facebook-Profil ist ja voll mit Bildern von Cherie und Lita.
KJ: Du zwingst mich ja dazu, wenn du so fragst. (lacht)
Ich habe noch so eine Frage: Welche drei Dinge im Leben liebst du am meisten? Deine beiden Hündinnen zählen aber nur ein Mal.
KJ: Die meiste Zeit dreht sich mein Leben um Musik – Dinge, die für die Band zu erledigen sind, mich so gut ich kann um die Jungs kümmern… das ist ein Vollzeitjob. Kein Wunder, dass ich auf der Gitarre nicht besser werde. Ich habe einfach keine Zeit zum Üben! (lacht) Na ja, dann umgebe ich mich und meine drei Akkorde eben weiterhin mit talentierten Leuten.
Drei Dinge… Musik. Die Menschen, die ich liebe. Colin Grigson [untalentierter Bassist einer fiktiven Klischee-Metalband in der Serie „Bad News“, gespielt von dem englischen Komiker Rik Mayall; Anm.d. Red.].
Kommen wir zur letzten Frage: Was sind deine Pläne für die Zukunft?
KJ: In der nächsten Zeit wollen wir das Mastering für das Album beenden und das Artwork fertigmachen. Außerdem haben wir Vereinbarungen für ein paar Gigs getroffen. Wir würden auch gern bald wieder nach Deutschland kommen – das ist einfach der beste Platz für Rock’n’Roll.
Dann bedanke ich mich bei dir für das Gespräch und wünsche euch viel Erfolg mit dem neuen Album!