Kid Kopphausen im Heimathafen, Berlin am 16.09.2012.

Die deutschen Liedermacher Knyphausen und Koppruch gehen zum ersten Mal mit ihrer neuen Band auf Tour und spielen gleich zwei Shows im ausverkauften Heimathafen. Mit Charme, viel Freude an der Sache und einer Menge Publikumsbeteiligung, als wär’s das Leichteste der Welt.

Der Heimathafen liegt mitten in Neukölln. Da, wo man mit Murat-und-Schakkeline-geh-wech-von-die-Regale an der Ampel steht, und einen kontrasthalber im Hinterhof ein altes Volkstheater mit geschnitzten Decken und Kronleuchtern erwartet. Hier spielen Kid Kopphausen ihr erstes Berlin-Konzert – doppelt das erste, weil die Veteranen Nils Koppruch und Gisbert zu Knyphausen ihre Band gerade erst gegründet haben und weil sie an diesem Abend nur drei Stunden später ihre zweite Show spielen werden.

Pünktlich um 18 Uhr betreten Koppruch und Knyphausen daher die Bühne – leider nur, um ihren Vor-Sänger Pascal Finkenhauer anzukündigen. Er macht deutsche Lieder, ebenso wie Kid Kopphausen, aber im direkten Vergleich können vor allem seine Texte nicht bestehen. Höflicher Applaus, schneller Umbau.

Kid Kopphausen starten mit „Hier bin ich“ – ein großartiger Song, ein Sound, der den kleinen Saal füllt und die Sitzreihen überspült. Es folgen „Haus voller Lerchen“ und „Im Westen nichts Neues“ – und der erste von vielen Zwischenrufen des Abends. „Lauter!“, fordert  die Berliner Schnauze, „ick versteh keen Text!“ Gisbert grinst und hätte selbst auch gern mehr von seiner Stimme, obendrein habe er Nils‘ Gitarre auf dem Monitor und irgendwas stimme mit dem Bass nicht, der brummt nämlich auch in den Spielpausen vehement. Aber davon lässt sich hier keiner aus der Ruhe bringen. Kid Kopphausen bleiben entspannt, das Publikum amüsiert sich über so viel freundliche Relaxtheit und außerdem wird die Pause genutzt, um die Band vorzustellen: Marcus Schneider ist für all die wunderbaren Gitarrenmelodien (und mit demselben Elan aushilfshalber auch für  Keyboard und Percussion) zuständig, an Kontrabass und Bassgitarre: Felix Weigt und mit Freude an den Drums: Alexander Jezdinsky. Außerdem natürlich: Nils Koppruch und Gisbert von Knyphausen, in aller Bescheidenheit an Gitarre, Keyboard, Banjo und so einigem mehr.

Weiter geht’s mit „Schon so lang“ und „In die Wand einen Nagel“, dem ersten Stück des Abends, das es nicht auf das Album „I“ geschafft hat. Dann etwas „Altes und Schönes“, besser bekannt als „Knochen und Fleisch“. Danach bleibt Nils allein auf der Bühne, als erster Gastredner des Abends, wie er es selbst lächelnd bezeichnet, spielt er solo sein „Kirschen (Wenn der Sommer kommt)“ und lobt den weltbesten Toningenieur, der jetzt ein besseres Textverständnis ermöglicht. Anschließend ist Gisbert allein dran, ein erneuter Zwischenruf wird schlagfertig frech quittiert. Das Berliner Publikum kichert begeistert.

Und irgendwie schaffen es Kid Kopphausen ohne große Sperenzchen und Albernheiten, jeden einzelnen Zuhörer auf ihre Seite zu ziehen. Da mag das Konzert auch mal nach Generalprobe klingen, weil der Bass brummt oder eine Rückkopplung da kreischt, wo sie nichts zu suchen hat – diese Band hat einfach Charme. Artig wird sich nicht nur beim Publikum bedankt, sondern auch beim Roadie, der das unüberschaubare Gitarrenarsenal fest im Griff hat und auch mal beim Umhängen hilft („weil wir selber zu blöd sind“) und Licht und Ton und überhaupt allen. „Schön, dass ihr da seid“, das sagen sie mehr als einmal und so fühlt es sich an.

Es folgt das zweite Stück, das es nicht bis auf das Album geschafft hat – „aus… ähm… persönlichen Gründen“, und danach mit „Das Leichteste der Welt“ eines der absoluten Highlights vom Debüt. Never mind the darkness, Baby, niemals, bei diesem Song scheint auch im dunkelsten Saal einfach nur die Sonne. „Schönes Lied, oder?“, fragt Gisbert ins begeistert klatschende Publikum und „Das davor aba ooch!“ ist die Antwort. Nach den schnelleren Nummern „Meine Schwester“ und „Moses“ kommt ein „Lied über einen, der auszog, um zu suchen, und jetzt nicht mehr nach Hause findet: „Wenn ich dich gefunden hab“.

Mit „Nur ein Satz“, dem in seinem Klangtaumel „The End“ von den Doors nicht unähnlich, schließt das Konzert. Es ist 20.15 Uhr, in einer Dreiviertelstunde spielen Kid Kopphausen ihre nächste Show. So lassen sie sich zur Zugabe auch gar nicht lange bitten: Weil sie ja noch so eine junge Band seien, müssten sie jetzt ein Cover spielen, „ein Cover von einer Band, die früher mal meine war“, kündigt Nils „Das Liebste“ von FINK an. Danach singt Gisbert zum ersten Mal ohne Gitarre in der Hand, und man sieht, dass er gut daran tat, Sänger und nicht Tänzer zu werden. Der Abend endet mit „Schritt für Schritt“, um halb neun. Schön war’s, für die Band gibt es jeweils Rückenklopfen von den Kollegen und wohlverdiente standing ovations vom hocherfreuten Publikum.

Am liebsten bliebe man für die zweite Runde gleich sitzen, aber man muss doch hinaus ins dunkle Neukölln, das man die letzten zwei Stunden vollkommen vergessen hat. Never mind the darkness, baby, you will be saved by Rock’n’Roll. By Rock’n’Roll.

Setlist
1. Hier bin ich
2. Haus voller Lerchen
3. Im Westen nichts Neues
4. Schon so lang
5. In die Wand einen Nagel
6. Knochen und Fleisch
7. Kirschen (Wenn der Sommer kommt)
8. Es ist still auf dem Rastplatz
9. Wenn der Wind übers Dach geht
10. Mörderballade
11. Jeden Montag
12. ??
13. Das Leichteste der Welt
14. Meine Schwester
15. Moses
16. Wenn ich dich gefunden hab
17. Nur ein Satz

Zugabe
18. Das Liebste
19. Schritt für Schritt

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