Gerockt, nicht geschüttelt #1: Warum Musik machen und mögen nicht dasselbe ist – aber gern wäre. Was Danko Jones mit allen Musikfans dieser Welt gemeinsam hat, und warum man bei Musik nie aus-, aber manchmal auch einfach dazulernt.
Wenn man auf neue Leute trifft und die ersten Smalltalk-Themen von Wetter bis Verkehrslage abgehakt sind, dauert es bis zur Frage „Und, was machst du sonst so?“ meist nicht mehr lange. Früher war meine Standardantwort: „Ich bin Buchhändlerin.“ Darauf gab es drei Standardreaktionen: A) Ach, das kann man lernen? B) Oh, ich mag ja keine Zahlen. C) Genau, jemand muss ja wissen, wo die Bücher so stehen. Standardreaktionen meinerseits: A) Yep, kann man. B) Kein Buchhändler kann das, deswegen sind wir ja auch Buchhändler und keine -halter. C) !%!$!!
Heute ist das anders, was an der neuen Standardantwort: „Ich mag Musik.“ liegt. Denn die provoziert immer dieselbe Nachfrage: „Was spielst du denn?“
Falsch bleibt‘s trotzdem, denn auch bei noch so unsauberer Aussprache „mach‘“ ich keine Musik. Ich kann keinen 4/4-Takt auf den Tisch klopfen, und wenn die angeschlagenen hohen und tiefen Töne auf dem Klavier näher zusammenrücken, kann ich sie nicht mal mehr unterscheiden. Moll und Dur definiere ich nach meiner Stimmungslage, und nach zwei Jahren wackeren Gitarreübens brachte ich es auf zehn Akkorde, Hornhaut an den Fingerspitzen und keinen korrekten Anschlag. Kurz gesagt: Ich bin gnadenlos unmusikalisch.
Aber… ich liebe Musik. Umfassend, ausschließlich und sehr, sehr leidenschaftlich. Ohne Musik hat der Tag keinen Sinn, ohne Musik kann ich nicht arbeiten und nur Musik ermöglicht mir die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Die guten (und schlechten) Momente meines Lebens kann ich anhand von Songtiteln aufzählen, und in fremden Wohnungen steuere ich mittlerweile nicht mehr aufs Bücherregal, sondern auf die CD- und Plattensammlung los. Music was my first love, and it will be my last – so abgedroschen könnte man es formulieren.
Oder man sagt es mit Danko Jones, seines Zeichens Frontman der gleichnamigen kanadischen Band und Spielpausen-Comedian. Er bezeichnet Menschen wie mich (und sich) als „Professional Music Listener“. Alles, was wir tun wollen, ist heimgehen und unsere Musiksammlung neu ordnen. Und dabei neue Alben anhören. Freunde? Wozu, wenn man doch einen MP3-Player hat? Weltpolitik, Literatur, Sport – wtf? Wenn ein Danko-Jones-Typ in Feuer gerät, dann über die Frage, welcher Drummer für eine Reunion von Led Zeppelin geeignet ist.
Ob der professionelle Hörer dabei weiß, was ein Adagio ist oder gar eines spielen kann, ist nicht von Belang. Dur, Moll, Twang, Power Chord – all diese schnöden Begriffe kann man lernen und ich lerne. Aber das Gefühl, das ein wirklich guter Song, eine wirklich gute Band, ein überragendes Album in mir hinterlässt, das ist unlernbar. Und wenn mich jemand fragt, wie ich gern meinen Martini hätte, sage ich: „Ein Bier. Gerockt, nicht geschüttelt.“
*Für alle spotify-Nutzer und solche, die es werden wollen: Check out „The Magic Words of Rock“ (2004). In sechs Nummern berichtet Danko von seinem Leben als multiple Persönlichkeit, Solomon-Burke-Jünger und den besten Moment seines Rockstar-Lebens.