Maps & Atlases – Beware And Be Grateful.

(VÖ 20.04.2012) Die Mischung aus Folk, Pop und experimentellem Math-Rock-Chaos erschließt sich beim ersten Hören nicht ganz freiwillig. Die zweite LP der Chicagoer erinnert vielmehr an Alice’ Sturz ins Wunderland: Erst ist alles verwirrend chaotisch, dann umwerfend schön und schließlich viel zu bald zu Ende.

Maps & Atlases - Beware And Be Grateful

Maps & Atlases – Beware And Be Grateful

Dass die Mitglieder von Map & Atlases sich auf einer Kunsthochschule begegneten, verwundert kaum: Die ersten Takte von „Old And Gray“, die aus mehrstimmigem Gesang und mehr Klangbruchstücken als Melodie bestehen, entspringen offensichtlich einem hochgeschraubten künstlerischen Anspruch und sind nicht unbedingt leichtverdaulich. Doch es folgen nervöse Drums wie ein hypnotisches Holterdipolter – und spätestens, wenn das Klavier aufbraust, findet man sich in einer ganz anderen Welt am Ende des Tunnels wieder.

Das bereits vorab veröffentlichte „Fever“ und der Folgetrack klingen beide vage bekannt. Hier werden bekannte Elemente wie einen gitarrengeprägter Sound und radiotaugliche Rhythmen in ein eher technisch anmutendes Klangkorsett gekleidet. Bei „Winter“ gelingt diese bewusste Kombination von organischen und durchkalkulierten Bestandteilen perfekt, zugleich ist es der poppigste Song des Albums.


Anschließend folgen die drei Glanzstücke auf „Beware And Be Grateful“, die den Hörer quer durch die Landkarte dieses musikalischen Wunderlands führen: Mit „Remore And Dark Years“ gelangt man immer tiefer ins Labyrinth von Klang und Technik – je öfter man es hört, desto schöner wird es.
„Silver Self“ hat anschließend den spannendsten Rhythmus des gesamten Albums zu bieten: 6 ½ tanzbare, vollkommen durchgedrehte Minuten, die als musikalische Untermalung der Teegesellschaft des verrückten Hutmachers durchaus taugen würden – tatsächlich sogar scheinen im Hintergrund Teetassen mitzuklappern. „Vampires“ danach ist mit nicht einmal 3 Minuten eindeutig zu kurz – lieber hätte man noch eine Runde länger um den Tisch getanzt, aussehen wie die Grinsekatze tut man nach all diesen Soundexperimenten vermutlich schon.

Ab „Be Three Years Old“ funktionieren die abgedrehten Einfälle allerdings nicht mehr. Warum, das lässt sich gar nicht deutlich bezeichnen, aber der Zauber des Labyrinths ist geschwunden. Nervös und etwas orientierungslos kämpft sich „Bugs“ durch die Minuten, dann geht es mit dem beruhigenden „Old Ash“ entspannt und gitarrenlastig wieder zurück an die Oberfläche. Ohren zu, Augen auf, vorbei die Reise.

Mit ihrem neuesten Werk gehen Maps & Atlases eindeutig mehr in Richtung fließender Songs aus weniger eindeutig technisch geprägten Versatzstücken – Pop lässt sich das längst nicht nennen, aber poppiger wird es schon. Stellenweise. Und dann auch wieder nicht. Aber eine Reise ins Wunderland wäre ja auch langweilig, wüsste man ganz, was einen erwartet.

Bewertung: 3/5
Highlights: Remore And Dark Years, Silver Self, Vampires

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