Motörhead in der Columbiahalle, Berlin am 23.11.2011.

Alle Jahre wieder, immer zwischen November und Dezember, kommt Lärm über die Hauptstadt: Motörhead sind ein Ritual, hier trifft man immer dieselben Leute, und auch die Regeln sind jedes Jahr dieselben: 1. Ohrstöpsel, um die Naturgewalten halbwegs unbeschadet zu überstehen. 2. Never mess with Lemmy.

We are Motörhead and we play Rock’n’Roll. Diesem Eröffnungssatz fiebern zum Auftakt der Deutschland-Tournee 2011 in der ausverkauften Berliner Columbiahalle an die 3500 Motörheadz entgegen. Vorgeglüht – und zwar ordentlich – wird mit den schwedischen Hardrockern von Graveyard und Duff McKagan’s Loaded. Letztere heizen die Halle auch schon gut an, und dann ist es endlich soweit: Die ersten Sirenenklänge von „Bomber“ genügen für komplettes Ausrasten.

Unter einem Hagel von Bierbechern betreten Phil „Wizzö“ Campbell, Drummer Mikkey Dee und Bassmann Kilmister die Bühne. So eine Bierdusche im überhitzten Saal kann durchaus auch angenehm sein, aber als einer der ersten Becher um Haaresbreite an seinem Kopf vorbeizischt, ist für Lemmy schluss mit lustig: Stopp, aus mit der Musik und gleich mal die Fronten geklärt: „You better fuckin’ stop that or I’ll kick your fuckin’ teeth in!!” Vielstimmiges Gegröle aus rauen Kehlen antwortet. Lemmy verzieht keine Miene, aber auf seinen traditionellen Eröffnungssatz muss Berlin in diesem Jahr verzichten. Aber spielen tun sie ihn zum Glück dennoch, den Rock’n’Roll

This is Motörhead and they play rock’n’roll.

Die Briten überraschen dabei mit einer gegenüber den Vorjahren erheblich veränderten Setlist: Nach „Bomber“ folgen gut abgehangene, aber immer noch saftige Stücke wie „Over The Top”, „The Chase Is Better Than The Catch“, “The One To Sing the Blues” mit Mikkey Dees grandiosem Schlagzeug-Solo und “Orgasmatron”. Nach “One Night Stand” wartet ein maskierter Phil Campbell mit einem nahezu epischen Gitarren-Solo auf – auch das ein Überraschungsmoment.

Reichlich Frischgezapftes wie „I Know How To Die“ und „Get Back In The Line“ vom neuen Album “The Wörld Is Yours” ist natürlich ebenfalls dabei. Oder wie hieß die aktuelle Scheibe noch gleich? Nach dem inzwischen 21. Album scheint sich Lemmy selbst nicht mehr sicher: „The Wörld Is Yours… oh, no, The Wörld Is Ours, of course… it’s the booze and the drugs, you know…” Studioaufnahmen, Live-Album, wen schert’s, und echte Fans wissen sowieso bescheid. Hauptsache, es geht weiter – und lauter!

Drei Mal drehen Lemmy und Co. an den Lautstärkereglern ihrer Marshall Wall of Death – und spätestens bei „Killed By Death“ und „Iron Fist“ kann man sich sogar mit Ohrenstöpseln nicht mal mehr denken hören.

Spätestens nach den Zugaben des rein akustischen „Whorehouse Blues“, dem zuerst als „(We Are) The Road Crew“ angekündigten Trommelfellzerfetzer „Ace of Spades“ stellt sich komplette Taubheit ein. Komplette Taubheit? Nein, vor dem abschließenden „Overkill“ hört man noch eines, nämlich den Lieblingssatz aller Motörheadfans: We play rock’n’roll.

Aber dann war’s das endgültig mit dem Hören, 117.000 Watt sei Dank. Das Schönste am Konzert ist der Tinnitus danach. This was Motörhead, and they played rock’n’roll.

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