Frollein, schreiten wir nach dem Konzert nun zum Diktat. Und da das Broilers-Konzert auch gut abging, gibt’s einiges zu berichten!

(c) Rocco Menger
Berliner Schauplatz des Santa-Muerte-Kreuzzugs ist das HUXLEYS an der Hasenheide – hier spielten u.a. schon Jimi Hendrix, Rammstein, The Clash und Ozzy, und legten damit die Messlatte für einen heißen Abend reichlich hoch. Doch mit 1.600 Tickets ist die Halle ausverkauft, und wenn man sich umschaut, scheinen etwa 80% dessen versammelt, was Berlin so an Schiebermützen- und Tattoo-Trägern zu bieten hat. Die werden schon nicht irren.
Ungewöhnlich, aber angenehm pünktlich legen Schlag 20 Uhr The King Blues aus London los: Die vier Jungs und zwei Mädels verbreiten mit Akustik-Ska-Punk samt Ukulele und powergeladenem Gehüpfe gute Laune – auch wenn man sich bei genauerem Hinschauen fragt, ob nicht mindestens zwei von ihnen um diese Uhrzeit nicht eigentlich schon im Bett liegen müssten.
Aber so ist das Leben – wenn man auf Konzerte geht, bei denen die Musiker deutlich jünger sind als man selbst, wird man wohl langsam alt. Aber was soll’s. Klang gut, „Punk & Poetry“ rockt und spätestens bei „Set The World On Fire“ gibt’s Pogo für alle.
Nach einer halben Stunde ist Schluss – Aufbau für Santa Muerte! Hinter einem weißen Vorhang werden die Instrumente gestimmt, die Spannung steigt und dann geht’s los. Im Großformat macht Sammy sich schick für den Auftritt, dann das Vanitas-Intro und Vorhang auf! mit „Zurück zum Beton“. Und gleich weiter mit „Das wird ein, das wird ein harter Weg… Go!“ Plötzlich erscheint unsere Entscheidung für die Tribüne hinten im Saal doppelt sinnvoll: Erstmal haben wir beste Sicht auf die mächtigen Oberarme von Frontmann Sammy und auf den Rest der Band und außerdem bleibt man da oben von Muskelkater wegen exzessiver Stagediverei ab dem ersten Lied verschont. Jaja, das Alter.
Die Broilers leben sich ein. Auch wenn sie erst fest entschlossen waren, Berlin nicht zu mögen, weil jeder und auch Bassistin Ines Berlin mag – sie gewöhnen sich dran. Denn Berlin ist gut drauf und gibt keine Widerworte, als Sammy ankündigt „die verfickte Scheißhalle“ jetzt abreißen zu wollen. Präferiertes Hilfsmittel dabei: Ströme von Bier. Schließlich ist Samstagabend! „Da darf man, nein, da muss man sich danebenbenehmen! Ihr könnt ja den ganzen Sonntag pennen, das ist okay!“ Yeah! Prost dann, Alter! So fliegen unten die Bierbecher, tobt der Pogo und auch auf der Tribüne fließt der Tanzschweiß. Bester (1)Live-Act des Jahres? Aber hallo!
Vom vier Jahre alten Vanitas-Album ist einiges dabei: „Held in unserer Mitte“, „Heute schon gelebt“, „Weißes Licht“, „Alles was ich tat“ und natürlich „Ruby Light & Dark“. Auch die ganz alten Zeiten kommen mit „(Ich bin) Bei dir“, „Dumm & Glücklich“ und „Paul der Hooligan“ nicht zu kurz. Und immer wieder Santa Muerte: „Tanzt du noch einmal mit mir, Berlin?“, „Vom Scheitern“, eine kleine Prise Polit-Protest mit „Weckt die Toten auf“, „In ein paar Jahren“… zwei Stunden fliegen die Fetzen und zwar im wahrsten Sinne: Rundum fliegen mit steigendem Alkohol- und Hitzepegel die T-Shirts in die Ecke. „Wie weit wir gehen“? Bis zum nächsten Bier ist der Weg für die meisten nicht lang, und dann geht’s weiter! Bis „Singe, Seufze & Saufe“.
Zur ersten Zugabe lassen sich die Broilers nicht lang bitten: „Ganz egal, ob ich Blut schwitz’/ Bittere Tränen wein“, mit „33 r.p.m“ geben Band und Publikum noch einmal alles. Es muss nur immer Musik da sein! Alles andere? „Meine Sache“, mein Problem! Den Abschluss macht die erste Broilers-Single aller Zeiten: Mit dem 1996er Prunkstück „Schenk mir eine Blume“ kommen die Düsseldorfer samt The King Blues noch einmal auf die Bühne – und wie könnte man besser zum Abschied grölen als hier? Singen, Tanzen, Saufen – manchmal machen die schlichtesten Lebenswahrheiten die besten Samstagabende.